Finn @finntasticmess
23 Jahre – er/ihm, weiß – Student, arbeitet nebenbei im Kundenservice – Kürzel: /fin
Queeres Twitter ist ein wunderbarer Ort.
Man kann sich eine Bubble voll von Offenheit, Toleranz und wenn nicht gegenseitigem Verständnis, so immer gegenseitiger Akzeptanz schaffen, von der man im „realen Leben“ nur träumen kann. Man muss dafür nicht mal die Dreistigkeit an den Tag legen, offen queer zu sein.
Wer queer ist, weiß, wovon ich spreche: Nicht immer sind es negative Begegnungen, Beschimpfungen, Androhung oder Anwendung von Gewalt, es sind auch die „pro AFD“-Aufkleber an Laternenpfählen, die „Benjamin ist voll schwul“-Kritzeleien auf der öffentlichen Toilette, das Gelächter über Männer in Röcken, und … die Blicke, die einen überall hin verfolgen.
Es sind diese Blicke, die klar zeigen, dass ich auffalle. Nicht, weil ich es gerade bewusst möchte, sondern vielleicht nur, weil ich vergessen habe, Eier zu kaufen und kurz vor Ladenschluss noch zur Kasse hechte.
Es sind diese Blicke, die häufig ein unangenehmes Gefühl auslösen, bei mir spannt sich immer die Nacken- und Schultermuskulatur an und ich richte mich automatisch auf, Schultern zurück, Kinn hoch, ausdrucksloser, aber aufmerksamer Blick.
In den meisten Fällen passiert überhaupt nichts. Objektiv gesehen. Objektiv sind es nur Blicke, die kriegt man halt ab.
Aber diese Blicke haben eine Bedeutung, sie haben einen Hintergrund und einen Effekt.
Du bist anders. Du bist nicht so wie wir.
Deswegen entstehen diese Blicke überhaupt erst. Deswegen nehmen mich die Leute anders wahr als die Kassierperson oder meine*n Nachbar*in.
Und dieses Anderssein hat einen Beigeschmack. Weil immer mitschwingt, dass ich die durch so viele wundervolle Menschen bitter erkämpften Rechte nur habe, weil sie mir gewährt werden, weil die Gesellschaft bereit ist, mich zu tolerieren – nicht weil ich ein Mensch bin, der unabhängig von allen Eigenschaften Respekt und Rechte verdient.
Und ich bin es so verdammt leid. Ich bin im Vergleich zu vielen anderen queeren Menschen an diversen Ecken und Enden privilegiert, und ich trete im Alltag aktiv und bisweilen provokativ gegen Queerfeindlichkeit ein, aber das kann ich nur, weil meine Privilegien mir das erlauben. Das weiß ich, und ich möchte einen Raum schaffen, in dem jede queere Person von sich erzählen kann – um Zuspruch zu bekommen, um erfahren zu dürfen, dass es wirklich okay ist, queer zu sein.
Und um aufzuklären, damit irgendwann auch das letzte Arschloch versteht, dass wir niemandem etwas wegnehmen wollen, sondern nur endlich die Räume in Anspruch nehmen, die uns aufgrund unseres Menschseins zustehen. Weil ich es leid bin, nur dann akzeptiert zu werden, wenn ich einen Beitrag zur Vielfalt leiste oder besonders nett und lieb bin und mich nie im Ton vergreife. Weil unsere Gesellschaft noch so verdammt viel lernen muss.
Ray @RayTooSleepy
sie/ihr – Kürzel: /ray
Mein Weg verläuft eben nicht straight. Als mir das bewusst wurde, hatte ich eine Orientierungshilfe: queere Repräsentation. Ich meine jetzt nicht die queer-coded Bösewichte oder die angetrunkenen College-Zimmergenossen aus Filmen oder Serien.
Ich hatte das Glück, dass es in meinem alltäglichen Leben schon queere Menschen gab. Gute Vorbilder gleichermaßen wie Menschen, deren Ansichten ich entschieden nicht teile.
Zu sehen, wie viele verschiedene Arten es gibt, sein Leben zu führen, und wie viele Menschen existieren, denen es in gewisser Weise ähnlich geht, ist für mich immer wieder absolut bewundernswert. Jeder von uns hat ein Recht auf seinen ganz eigenen Weg, mit allen Höhen und Tiefen.
Umso schöner, wenn man den nicht allein gehen muss. Aber nicht jeder hat das Glück, schon andere queere Menschen zu kennen. Und auch heute noch ist ein Outing im alltäglichen Leben nicht für jeden eine Option, geschweige denn sicher. Vielleicht kann aber unser Projekt zumindest im virtuellen Raum für ein bisschen mehr queere Repräsentation sorgen.
Ich freue mich darauf, eure Geschichten zu hören und den Austausch darüber, wie wir alle #queererleben!
Leo @Leo_0el
20 Jahre – er/he/they, weiß – Student, gibt Nachhilfe – Kürzel: /leo
Queer zu sein war schon immer ein Teil von mir, genauso der Weg zur Akzeptanz. Vor allem zur Akzeptanz von anderen war und ist es leider noch immer ein langer Prozess.
Ich habe keine Lust mehr, täglich Angst zu haben, von mir fremden Menschen angegangen zu werden, nur weil ich mich mit lila-blauen Haaren und an der Hand von einer maskulin gelesenen Person nicht genug der heteronormativen Gesellschaft anpasse.
Genauso bin ich es leid, Teile von mir verstecken zu müssen, weil ich keine Lust auf die Reaktionen und Diskussionen habe, die ein Outing mit sich bringen können.
Ich hoffe, dass das Projekt einen Schritt in Richtung Akzeptanz machen kann, aber auch die noch vorhandenen Sorgen und Probleme verschiedener Individuen aufdecken kann, um auch Unbeteiligten zu verdeutlichen, dass wir nicht am Ende der Gleichstellung angekommen sind.